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In Uganda leben viele sehr unterschiedliche Volksgruppen die sich nicht nur sprachlich, sondern vor allem im Lebensstil gravierend unterscheiden.
Im Nord-Osten Ugandas liegt die ehemalige Provinz Karamoja, in dieser Region lebt das Volk der Karamojong (auch Karimojong). Sie bilden wiederum mehrere verschiedene ethnische Volksgruppen, die in einem komplizierten und für einen Außenstehenden schwer durchschaubaren System zusammen leben.
Die Karamojong sind vor allem ein Hirtenvolk und leben halbnomadisch (früher: nomadisch) im Einklang mit der Natur. Das Vieh spielte und spielt eine zentrale Rolle im Leben der Karamojong. Alle Werte werden anstatt in Geld, in Stückzahlen von Rindern und/oder Ziegen abgebildet. Reichtum wird nicht nach unserem Wertesystem beurteilt. Reicht ist, der eine große Herde besitzt. So müssen auch heute noch junge Männer mit dem künftigen Schwiegervater ernsthafte Verhandlungen um die Braut führen. Je nach Stand sind 70-100 Kühe als Preis für die Ehefrau keine Seltenheit. Kann der arme Bräutigam nicht bezahlen, bleibt die Frau solange im Elternhaus, bis der Mann bezahlen (oder zumindest adäquat anzahlen) kann.
Allerdings „kauft“ sich der Mann nicht nur seine Braut, sondern auch den Status und die Anerkennung als erwachsenes Mitglied seines Clans. Fortan kann er bei den Entscheidungen des Kraal mitwirken. Je mehr Kühe, desto mehr Stimme. Auf der anderen Seite wird nur eine „bezahlte“ Ehefrau offizielles Mitglied des Clans des Mannes. Die Rechte sowie der Schutz des Clans gelten fortan auch für sie und ihre Kinder. Nur eine „bezahlte“ Ehefrau hat das Recht auf das Erbe des verstorbenen Ehemannes. Außerdem ist der Clan des Mannes verpflichtet, die Witwe zu versorgen.
Es verwundert daher nicht, dass noch vor ein paar Jahren Vieh-Diebstahl zur Tagesordnung gehörte, ja sogar zum gewissen Kräfte-Messen unter den Clans. Sogenannte „Cattle Rustlers“ stahlen voneinander oder von anderen Stämmen Vieh bzw. ganze Herden, wenn nötig unter Anwendung von Gewalt.
Damit nicht genug: In den 1970-er Jahren wurden die Waffenlager des Diktators Idi Admin geplündert und man bewaffnete sich hauptsächlich mit Kalaschnikows. Der „Kampf“ um die Herden war härter und blutiger. Trotz verschiedener Regierungsprogramme und Entwaffnungsversuche schätzte man noch um das Jahr 2000, dass ca. 1 Mio. Handfeuerwaffen im Umlauf sind.
Nachdem alle Versuche des Ugandischen Staates fehlschlugen, die Region zu befrieden, wurde in 2006 eine Entwaffnung der Hirten durch die Staatsarmee erzwungen.
Mittlerweile gibt es viele Zusammenschlüsse der Hirten und ihren Herden. Dies ermöglicht nicht nur eine bessere Organisation sondern auch größere Sicherheit. Kleine, über das Land verstreute Militärbasen sorgen für die nötige Sicherheit der Herden und der Bevölkerung.
Diese eher düster anmutende Vergangenheit bedeutet allerdings nicht, dass das Volk insgesamt gewalttätig oder Fremden gegenüber verschlossen ist. Im Gegenteil: im September 2018 empfingen sie mich mit offenen Armen, Gesang und einer gehörigen Portion Neugier. Mindestens genauso gespannt war ich, die faszinierende Kultur der Karamajong kennenzulernen.
Bis nach Nakapiripirit (ein schöner Name oder?) fährt man auf den üblichen Schotterpisten. Die hügelige Landschaft hätte bessere Bilder verdient, um die Mittagszeit war sie mir aber nicht „fotogen“ genug. Gerne hätte ich einen Tag Pause eingelegt und morgens und abends fotografiert…. ja, was ich alles gerne hätte! :)
Ab Nakapiripirit führt dann eine gut ausgebaute Straße (asphaltiert) in die für unsere Verhältnisse kleine Stadt Moroto. Das war vor ein paar Jahren noch nicht so. Erst 2013 hat die Regierung eine Chinesische Straßenbaufirma mit dem Ausbau der Straße von Nakapiripirit nach Moroto beauftragt. Heute ist etwas über die Hälfte der ca. 100 km langen Strecke ausgebaut (Stand 9/2018).
Moroto selbst ist eine Kleinstadt mit ca. 15.000 Einwohnern (so genau weiß man es nicht), die Anzahl der teils nomadisierenden Bevölkerung schwankt. Man findet ein Quartier und alle Dinge des täglichen Bedarfs, viel interessanter sind aber die umliegenden Dörfer und ihre traditionelle Lebensweise.
Die Familien leben in sog. Kraals in einer genau definierten patriarchalischen Familienstruktur. Die Kraals sind kreisförmige Siedlungen mit einem umlaufenden Palisadenzaun aus dornigen Ästen. Innerhalb eines Kraals unterteilen weitere Zäune den Raum für die jeweilige Familie. Eine Familie besitzt meist mehrere Lehmhütten in den (bei schlechtem Wetter) gekocht und geschlafen wird sowie eine kleinere, auf Stelzen stehende Hütte. Diese Hütte dient als Vorratskammer für Getreide. In der „Versammlungshütte“ werden Gäste empfangen, Wichtiges beraten und Entscheidungen getroffen. An einigen Dächern sehen wir kleine Solarpanele, ca. DIN A4 groß. Hier werden die allgegenwärtigen Smartphones geladen. Über ein Smartphone kann man AirTime (Surfvolumen) kaufen, Rechnungen bezahlen oder Geld ans andere Ende des Landes verschicken.
Ich kann gar nicht sager, wer auf wen mehr neugierig war! Eine Schar von Kindern begleitete mich auf Schritt und Tritt.
Während die Männer mit den Viehherden unterwegs sind, besorgen die Frauen das tägliche Leben und kümmern sich um die Kinder, das Essen und vieles mehr. Sogar die Hütten werden von Frauen gebaut! Polygamie ist weit verbreitet (solange man genug Vieh hat um für die Frau zu bezahlen, versteht sich) und so leben in den Kraals mehrere Frauen und noch mehr Kinder zusammen. 5-10 Kinder pro Frau ist keine Seltenheit, viele Kinder gelten ebenfalls als Reichtum.
Die Hüten bieten absolut keinen Komfort, geschlafen wird auf dünnen Tierhäuten. Wer mit seiner Wohnung mit einem Badezimmer, Schafzimmer, Küche, aber vor allem fließendem Wasser nicht ganz so glücklich ist, der möge sich folgende Bilder zu Gemüte führen ;)
Das Getreide für den täglichen Bedarf wird an den umliegenden Feldern angebaut, ein Teil wird verkauft, ein Teil dient dem Eigenbedarf. Natürlich geschieht alles in Handarbeit.
Obwohl in Uganda Schulpflicht bis 15 Jahre besteht, gehen viele Kinder entweder gar nicht in die Schule, oder brechen nach ein zwei Klassen ab. Das Holen von Wasser aus teilweise mehrere Kilometer entfernten Brunnen, die Arbeit auf dem Feld oder hüten von Viehherden gehört zu den täglichen Aufgaben der Kinder. Von der Versorgung der jüngeren Geschwister ganz zu schweigen.
Die Jugend trifft sich sonntags am Versammlungsplatz. So wie auf der ganzen Welt, sind die Singles entsprechend herausgeputzt. Die Jugendlichen bilden einen großen Kreis, es wird gesungen, getanzt und dabei hoch in die Luft gesprungen. Wer besonders hoch springen kann, gilt bei den Mädchen als attraktiv und wird entsprechend bewundert. Die Mädchen tanzen wiederum wortwörtlich aus der Reihe und werden von interessierten Jungen „gefangen“. Das Spektakel wird von der Menge neugierig beobachtet und amüsiert beklatscht. Uganda ist das jüngste Land der Welt: Mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung ist unter 15 Jahre alt.
Jeden Montag findet in der Nähe von Moroto ein Markt statt. Mit meinem „westlichen“ outfit war ich nicht nur zur „Sehenswürdigkeit“ an dem ansonsten nur von Einheimischen frequentierten Markt, sondern auch zuweilen skeptisch beäugt. Sobald ich allerdings einen Karamojong-Umhang erstanden und auch überworfen habe (praktischerweise hat sich mein Fotorucksack auch darunter versteckt), wurde ich praktisch adoptiert. Die meisten sprechen kein Englisch, mit einem „Ejoka!?“ (Hallo, wie geht’s?) und/oder „Ejok-noooi“ (Hallo, gut und dir?) erntet man strahlende Gesichter und offene Herzen. In Begleitung meines neuen besten Freundes Julius (praktischerweise mit weißem Shirt bekleidet!) konnte ich einen Vormittag lang in die Welt der Karamojong eintauchen und das bunte Marktleben beobachten.
Meine neuen Freunde & „Karamojong-Spezialisten“ beantworteten, zuweilen mit einem verwunderten Lächeln, alle meine Fragen und dachten ganz sicher bei sich: Wie kann jemand SO ungebildet und ahnungslos sein, dass man die einfachsten Sachen nicht weiß?
Tja….
Menschen, soweit das Auge reicht, meist in traditioneller Bekleidung: die Männer tragen Umhänge in kräftigen Farben und lustige kleine Hütchen, die je nach Budget und Status aus Wolle oder menschlichem Haar gewebt werden. Auch militärisch anmutende Kleidung wird gerne genommen, schliesslich waren die Karamojong über Jahrhunderte ein kämpferisches Volk. Federn am Hut geben Auskunft über den Status oder Stand, eine weiße Feder am Hut symbolisiert: ich bin noch Single!
Manche haben einen kleinen Holzhocker in der Hand und tragen ihn wie eine Handtasche – wenn sie nicht gerade einen Plausch halten. Die Frauen haben knielange bunte Faltenröcke oder Tierhäute um die Hüfte gebunden, die bei jedem Schritt dekorativ wippen, dazu jede Menge Schmuck. Bunte Ketten schmücken den Hals und die Arme und verraten einiges über den gesellschaftlichen Stand. Die Haut wird mit ornamentalen Tatoos geschmückt, hierbei verwendet man nicht Farben, sondern lässt die Haut kunstvoll vernarben. In weiten Teilen des Landes wird die Sorghumhirse angebaut. Das Getreide wird hauptsächlich zur Produktion von Mehl verwendet, aber nicht nur das. Aus dem Korn brauen die Frauen das Sorghum-Bier, das sie am Markt verkaufen und aus großen Kübeln direkt in die mitgebrachten Gefäße füllen.
Auf dem schier endlosen Platz werden hauptsächlich Rinder, Ziegen und Getreide gehandelt. Wie wir bereits wissen, hat das Vieh eine zentrale Bedeutung, der Handel ist daher kein Spaß. Ernst dreinblickende Männer verhandeln die Preise, kleinere Jungs kümmern sich um die Tiere. Ist der Handel abgeschlossen, werden die Tiere sofort verladen und weggebracht.
Zur Herde versteht sich – Zahlungsmittel wird nur bei gaaaaaaanz besonderen Gelegenheiten gegessen!
Es gibt aber auch andere Interessen neben Viehhandel: FS Bayern zum Beispiel! Diese Jungs waren besser informiert als ich (obwohl… das hat jetzt auch wieder nicht soooo viel zu sagen…. :))
Gleich nebenan werden Ziegel aus der Lehmerde geformt und erstmal in weiten Reihen zum Trocknen ausgelegt. Aus den getrockneten Rohlingen werden Brennöfen gebaut und mehrere Tage gebrannt. Frauen sind mit dem Tragen beauftragt, den Brennvorgang übernehmen die Männer.
Ein Stück weiter, ein Fahrrad… ähm… Stand. Hier werden Fahrräder repariert bzw. gehandelt. Die erste wichtige Maßnahme ist das Entfernen von Bremsen. Bremsen sind völlig unnötig: sie gehen öfter kaputt, außerdem kann man prima mit dem Fuß bremsen!
Das Bremsen klappt am besten mit den aus Autoreifen geschnitzten Sandalen. Die kann man gleich nebenan kaufen.
Ein Stückchen weiter: ein Wühltisch. Oder besser: Wühl-Boden. Es werden häufig Kleider aus Europäischen Kleider-Sammlungen angeboten. Die von uns gut gemeinte Hilfe wird in der Bevölkerung leider nicht immer mit Freude empfangen.
Mit den geschenkten Kleidern wird Handel getrieben, viele lokale Schneider und die Bekleidungsindustrie gehen pleite. Mehr noch: die großartige Bekleidungskultur der Karamojong, die schon einige westliche Modedesigner inspiriert hat, stirbt leider aus. Auch das ist ein Aspekt, den wir bei der nächsten Kleiderspende bedenken sollten!
Der Getreidehandel wird natürlich auch hier am Markt abgewickelt. Die Ware wird gewogen, umgepackt, verkauft und abtransportiert.
Warum die blaue Schüssel am Boden steht, konnten mir selbst meine neuen Freunde nicht beantworten (siehe Bild unten rechts) ;)
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